Sonntag, 18. September 2011

Erziehung wichtiger als Beschäftigung?

Ich sah mich vor kurzem mit der Aussage "Der Hund braucht momentan keine Auslastung, es ist wichtiger, dass er funktioniert." konfrontiert.

Ich möchte diese Aussage gar nicht übermäßig bewerten, denn ich verstehe durchaus den Leidensdruck, wenn jemand einen "unerzogenen" Hund hat. Es erfordert viel Arbeit an sich selber und mit dem Hund, um wieder zusammen zu finden. Man muss sich da auch nix vormachen , es kann schwierig sein, eine Bindung zu einem Hund aufrecht zu erhalten, wenn man nur Probleme mit ihm hat. Von daher kann ich den ersten Gedankengang, welcher so eine Aussage begründet, durchaus verstehen. 



Da ich sehr oft das Thema "Beschäftigung/sinnvolle Auslastung" während meiner Beratungstermine habe, möchte ich hierzu ein paar Worte verlieren.


Sinnvolle Beschäftigung ist einer der großen Bausteine in einem erfolgreichen Hundetraining. Ein Hund der nicht entsprechend seiner Rasse/seines Charakters ausgelastet wird zeigt oft schon Verhaltensauffälligkeiten, die alleine der Tatsache geschuldet sind, dass er gelangweilt ist und nicht gefordert wird. 
Teilweise liegt auch die Lösung schon in einer sinnvollen Beschäftigung. Man kann Wochen/Monate an den vermeintlichen Ursachen des Problems arbeiten aber wird ggf. keinen Schritt voran kommen, weil der Schlüssel des Erfolgs darin liegt, sich mit dem Hund zu beschäftigen.


Wir holen uns heute teilweise hochspezialisierte Hunde nach Hause (Gebrauchshunde, Hütehunde, Jagdhunde), die aufgrund ihres Genpools die Besten Veranlagungen für die Ausführung dieser spezialisierten Tätigkeiten haben aber sich zu Tode langweilen, weil wir denken, dass ein Leben auf unserem Sofa, mit ein paar Streicheleinheiten und 3 Gassigängen am Tag ausreichen.
Natürlich ist das ein menschlicher Wunsch den ich auch absolut verstehe aber dann muss man sich reiflich überlegen, welchen Hund man sich anschafft. Es gibt tolle Begleithunde die in der Erziehung weniger anspruchsvoll sind und sich tatsächlich (meist) mit dem Plätzchen auf dem Sofa zufrieden geben. 


Hat man das nicht gemacht und man sieht sich mit einem anspruchsvolleren Hund konfrontiert, dann muss man in den - unter Umständen - sauren Apfel beißen und ihn entsprechend seiner Bedürfnisse auslasten. Der "saure Apfel" kann so sehr schnell auch eine süße Frucht werden, denn manchmal muss erst der Knoten platzen um dann großes Gefallen am Hundesport, an der Nasenarbeit, am Dummy- und Clickertraining zu finden.


Man sollte sich einfach bewußt sein, dass ein Hundetraining ohne entsprechend Auslastung/Beschäftigung einfach nicht "funktioniert". Es wäre einfach unfair dem Hund hier etwas abzuverlangen, was er gar nicht leisten kann.


Nehmen wir einfach Kinder die den ganzen Tag nur vor dem Rechner sitzen oder keiner sinnvollen Beschäftigung (lesen, Sportverein, Musikgruppe, etc.) nachgehen. Nicht selten suchen diese Kinder sich dann Beschäftigungen, die den Eltern dann eher nicht so passen.


Kurz gesagt: Beschäftigen wir z.B. den Labrador (als klassisches Beispiel) mit Apportiertraining, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er unsere Wohnzimmereinrichtung oder Schuhe zerfetzt deutlich geringer :-) .


Wenn man einen ausgelasteten Hund hat, dann erfüllt er auch gerne den Job des Sofa-Kuschlers.

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